Erpressung: im Ernstfall richtig reagieren
Entführung, Lösegeldforderung, Drohungen – bei dem Begriff „Erpressung“ denken viele oft an Krimis. Die Realität zeigt jedoch, dass Erpressung viele Gesichter hat. Wir erklären Ihnen, wann es sich um eine Straftat handelt und wie Sie sich im Ernstfall wehren können.
Wann handelt es sich um eine Erpressung?
Bei Erpressung handelt es sich oft um einen Vermögensdelikt. Warum? Die Definition von Erpressung nach § 253 StGB besagt: Von einer Erpressung ist dann die Rede, wenn der oder die Täter:in das Ziel verfolgt, sich am Vermögen des Opfers finanziell zu bereichern. Der Strafbestand der Erpressung setzt dabei drei Dinge voraus:
- Der Erpressung liegt eine Bereicherungsabsicht des Täters bzw. der Täterin zugrunde. Das heißt, er bzw. sie nötigt Sie zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung, um daraus unrechtmäßigen Profit zu schlagen.
- Die Mittel der Erpressung sind rechtswidrig, da z. B. Gewalt oder Drohungen angewendet werden.
- Der Versuch allein ist bereits strafbar.
(Räuberische) Erpressung vs. Nötigung: Was ist der Unterschied?
„Ich sage nichts, wenn du auch nichts sagst!“ Sicher kennen Sie diesen Satz. Doch wussten Sie, dass es sich dabei bereits um eine Nötigung handelt? Sobald Sie durch die Tat eines anderen keine freie Wahl mehr haben und nur im Sinne des Täters oder der Täterin handeln, liegt eine Nötigung vor. Dabei versucht der oder die Täter:in Sie durch körperliche oder psychische Gewalt oder Drohungen zu beeinflussen. Es spielt dann keine Rolle, ob eine direkte körperliche Misshandlung (unmittelbare Gewalt) oder angedrohte Misshandlung z. B. mit einer Waffe (mittelbare Gewalt) vorliegt. Der Unterschied zur Erpressung liegt laut §240 StGB lediglich darin, dass der oder die Erpresser:in keine finanziellen Absichten verfolgt.
Eine Steigerung der Erpressung ist die räuberische Erpressung. Laut §255 StGB ist dieser Strafbestand erfüllt, wenn bei einer Erpressung das Leben einer Person durch Gewalt gefährdet wird. In diesem Fall gibt es keine Abgrenzung von Raub zur räuberischen Erpressung. Eine besonders schwerwiegende Tat liegt vor, wenn eine räuberische Erpressung mit einer Waffe begangen wird. Das bezieht sich auf alle Gegenstände, mit denen anderen Schaden zugefügt werden kann. Ein Beispiel für diese Erpressung: Der oder die Täter:in droht, die Hand abzuschneiden, wenn Sie sich weigern, einen Gegenstand auszuhändigen. Dabei ist unwichtig, ob der oder die Erpresser:in dies tatsächlich tut.
Bei einer schweren räuberischen Erpressung handelt es sich um eine Tat, die als Bande verübt wird oder gewerbsmäßige Hintergründe hat. Das bedeutet, dass der oder die Täter:in so seinen Lebensunterhalt verdient.
Der schwerwiegendste Fall von Erpressung ist die räuberische Erpressung mit Todesfolge. Dieser Tatbestand liegt vor, wenn der oder die Täter:in mindestens leichtfertig den Tod einer Person während seiner Tat hinnimmt. Dabei muss es sich bei der getöteten Person nicht um das Opfer handeln, sondern es kann auch eine unbeteiligte Person sein. Ausschlaggebend ist, dass der Tod in direktem Zusammenhang mit der Handlung des Täters bzw. der Täterin erfolgt ist.
Strafmaß bei Erpressung
Bei einer Erpressung ist die Strafe von der Schwere der Tat abhängig und es wird immer der Einzelfall beurteilt. Opfer haben zudem die Möglichkeit auf zivilrechtlichem Wege Schadenersatz und Schmerzensgeld zu verlangen. Die Strafen im Überblick:
- Nötigung: Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren
- (versuchte) Erpressung: Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren
- räuberische Erpressung: Freiheitsstrafe von mind. sechs Monaten bis zu 15 Jahre
- räuberische Erpressung mit Waffe: mind. drei Jahre Freiheitsstrafe
- schwere räuberische Erpressung: Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr
- räuberische Erpressung mit Todesfolge: mind. zehn Jahre Freiheitsstrafe
„Sie können sich als Opfer von Erpressung auch selbst strafbar machen. Bei anonymer Erpressung […] sollten Sie deshalb niemals einfach das geforderte Geld bezahlen. Es könnte sein, dass Sie damit kriminelle Vereinigungen unterstützen und im schlimmsten Fall dafür belangt werden.“
Heike Brüggemann, Rechtsanwältin
Erpressung kontern: So gehen Sie vor
Sobald Sie Opfer von Erpressung werden, ist es wichtig sich sofort an die Polizei zu wenden – auch, wenn es Ihnen eventuell unangenehm ist. Die Polizei besitzt diverse Mittel, um die Täter bzw. Täterinnen ausfindig zu machen. Deshalb ist es auch sinnvoll eine Anzeige gegen Unbekannt zu stellen.
Wichtige Schritte im Ernstfall
- Anzeige bei der Polizei erstatten.
- Beweise sammeln: Chats, E-Mails, Briefe, Fotos, Videos, Kontaktdaten von Zeug:innen.
- nicht auf die Forderungen eingehen.
- Erpressungen sind selten einmalig und werden oft heftiger und kurzfristiger.
Sonderfall: emotionale Erpressung
Emotionale Erpressung beruht auf einer Form der psychischen Gewalt und ist deshalb laut Strafgesetzbuch nicht strafbar. Dennoch kann emotionale Erpressung strafbare Handlungen enthalten, wie z. B. häusliche Gewalt. Oft sind die Opfer Wutausbrüchen, Beleidigungen und Missachtung ausgesetzt. Wodurch die Täter:innen bei ihnen Schuldgefühle und Ängste erzeugen, um sie emotional an sich zu binden und in ihrem Verhalten zu manipulieren. Das kann sich mit der Zeit sehr stark auf die Psyche auswirken.
Wichtig: Hilfe für Opfer emotionaler Erpressung
Sie brauchen Hilfe oder kennen jemanden, der emotional erpresst wird? In diesem Fall gibt es einige Anlaufstellen: Telefonfürsorge, Hausarzt und Hausärztin oder den Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V . Zudem können Sie beim Familiengericht eine Schutzanordnung beantragen.
Erpressung im Internet: „Sextortion“ und Bitcoins
Wie so viele andere Dinge haben auch Erpressungen ihren Weg ins Internet bzw. in die E-Mail-Postfächer gefunden. Meistens handelt es sich um Massensendungen, damit mehrere Personen zeitgleich erpresst werden können. Sollten Sie E-Mails dieser Art erhalten, öffnen Sie auf keinen Fall die Anhänge, klicken Sie keine Links an und antworten Sie auch nicht. Schreiben Sie sich den oder die Absender:in auf und löschen Sie die E-Mail dann sofort.
Die zwei häufigsten Varianten sind „Sextortion“ und E-Mail-Erpressung mit Bitcoins. „Sextortion“? Das Wort setzt sich aus Sex und dem englischen Wort „extortion“ (deutsch: Erpressung) zusammen. In diesem Fall wird damit gedroht, anzügliche Bilder und Videos auf Internetseiten oder in Portalen zu veröffentlichen oder an die Familie, Kolleg:innen und Bekannte zu schicken. Meistens zahlen die Opfer aus Schamgefühl. Damit einher geht seit ein paar Jahren die Forderung nach Bitcoins. Das bedeutet, der Geldbetrag soll nicht einfach so überwiesen werden, sondern in Bitcoins ausgezahlt werden. Auch hier zahlen die meisten Opfer, da die Erpresser:innen durch Hacks Zugriff auf persönliche Daten wie Geburtstage, Handynummer, Anschrift, Passwörter oder Bankverbindung hatten und so ihre Glaubwürdigkeit stärken. Im Ernstfall sollten Sie wie folgt in beiden Fällen reagieren.
Sextortion
- Kontakt zum bzw. zur Erpresser:in sofort abbrechen
- nicht reagieren und kein Geld schicken
- Anzeige bei der Polizei erstatten
- Beweise sichern: Screenshots, Chat-Verläufe, Mails und Co.
- Web-Portal kontaktieren und Löschung der Inhalte fordern
- Virenscan auf allen Geräten durchführen, Passwörter ändern
- Suchmaschinen auf eigenen Namen prüfen
Bitcoin-Falle
- Mails löschen
- Webcams abkleben
- aktuelles Virenschutzprogramm nutzen
- nur Updates des eigenen Betriebssystems installieren
- geforderte Berechtigungen bei Apps hinterfragen
- Passwörter ändern, falls diese genannt wurden