Unterhalt nach Scheidung: Was tun, wenn der bzw. die Ex-Partner:in nicht zahlt?
Nach einer Scheidung ist in manchen Fällen der Ex-Partner oder die Ex-Partnerin dazu verpflichtet, Unterhalt zu zahlen. Wir erklären Ihnen, wann dies der Fall ist und was Sie unternehmen können, wenn Ihr:e Ex nicht zahlt.
2022 wurden 137.400 Ehen in Deutschland geschieden
Etwa jede dritte Ehe in Deutschland wird geschieden. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamts hervor: So lag die Scheidungsrate 2020 bei rund 35,15 Prozent. Konkret wurden in dem Jahr 137.400 Ehen rechtsgültig beendet. Die durchschnittliche Ehedauer bis zur Scheidung betrug dabei etwas über 15 Jahre.
Der Bund fürs Leben ist für viele Menschen in Deutschland also nur eine Etappe. Doch in manchen Fällen bleiben die ehemaligen Eheleute auch nach der Trennung weiter verbunden: Unter bestimmten Voraussetzungen sind Geschiedene dazu verpflichtet, den bzw. die Ex-Partner:in nach der Scheidung finanziell zu unterstützen.
Unterhaltspflicht nach der Scheidung: Was ist das?
Diese Unterhaltspflicht ist im Familienrecht verankert. Der sogenannte „nacheheliche Unterhalt“ wird meist in Form einer monatlichen Zahlung an den bzw. die wirtschaftlich schlechter gestellte:n Ex-Partner:in geleistet. Wie hoch die Unterhaltszahlungen ausfallen, hängt vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen ab. Details hierzu finden Sie in der sogenannten Düsseldorfer Tabelle .
Damit der Unterhalt nach der Scheidung gezahlt wird, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein:
- Die bzw. der Unterhaltsberechtigte ist bedürftig: Anspruch auf Unterhalt besteht, wenn eine:r der Ex-Partner:innen seinen oder ihren Lebensunterhalt nicht allein bestreiten kann – weder aus eigenem Einkommen noch aus anderem Vermögen. Das gilt auch, wenn er oder sie – beispielsweise in Teilzeit – arbeitet. Ändern sich die Umstände, etwa wenn sich das Einkommen vermindert bzw. erhöht oder ein:e neue:r Partner:in ins Leben tritt, hat das unter Umständen auch Einfluss auf die „Bedürftigkeit“ und somit auch auf den nachehelichen Unterhalt. Der Anspruch hierauf kann im Laufe der Jahre also angepasst werden.
- Der Unterhaltspflichtige ist leistungsfähig: Er oder sie kann Unterhalt an den bzw. die Ex-Partner:in zahlen, ohne dadurch seinen bzw. ihren eigenen angemessenen Lebensunterhalt zu gefährden. Das bedeutet, Erwerbstätigen muss nach Abzug der Unterhaltskosten noch ein monatlicher Mindestselbstbehalt von 1.280 Euro netto übrigbleiben (bei Erwerbslosen sind es 1.180 Euro) – darin sind bis zu 490 Euro für Mietkosten einschließlich umlagefähiger Neben- und Heizkosten enthalten.
Wichtig: Anspruch auf Unterhalt verjährt nach 3 Jahren
Unterhaltsansprüche verjähren in der Regel nach drei Jahren. Nach Ablauf dieser Frist können Unterhaltspflichtige Zahlungen für den Unterhaltsrückstand verweigern. Die dreijährige Frist gilt prinzipiell auch beim Kindesunterhalt. Bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs wird diese Frist allerdings „gehemmt“. Das heißt: Die Verjährungsfrist beginnt erst mit dem 21. Lebensjahr des Kindes.
Gesetzliche Unterhaltsgründe: Wann habe ich Anspruch auf Unterhalt?
Unterhalt nach der Scheidung muss in der Regel nur dann gezahlt werden, wenn ein triftiger Grund vorliegt. Teilweise können auch mehrere Ansprüche auf Unterhalt geltend gemacht werden. Es ist zum Beispiel möglich, dass sowohl Betreuungsunterhalt als auch Unterhalt wegen Arbeitslosigkeit gezahlt werden muss.
Wenn Sie nach einer Scheidung die Kinder betreuen und nicht mehr oder nur noch in Teilzeit arbeiten können, haben Sie einen gesetzlichen Anspruch auf Betreuungsunterhalt. Dieser Anspruch gilt nach der Geburt des Kindes mindestens drei Jahre lang. „Bei besonders betreuungsbedürftigen Kindern (zum Beispiel wegen einer Behinderung) spielt es keine Rolle, ob sich auch Verwandte um das Kind kümmern könnten“, erklärt Rechtsanwalt Klaus-Dieter Jungk aus Wildeck. „In diesem Fall dürfen Sie sich als betreuender Elternteil trotzdem dafür entscheiden, zuhause zu bleiben."
Ab einem Alter von drei Jahren geht der Gesetzgeber davon aus, dass das Kind nicht mehr persönlich betreut werden muss und tagsüber z. B. in einen Kindergarten gehen kann. Unterhaltsberechtigte müssen dann dementsprechend wieder arbeiten gehen, wenn auch nicht sofort in Vollzeit. Der Gesetzgeber hält es für den unterhaltsberechtigten Elternteil zu diesem Zeitpunkt als grundsätzlich zumutbar, wieder für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen.
Das bedeutet allerdings nicht, dass Sie keinen Anspruch auf Betreuungsunterhalt mehr haben. Neben dem Alter des Kindes gibt es weitere Faktoren, die Unterhaltszahlungen auch über die gesetzlich vorgeschriebenen drei Jahre hinaus rechtfertigen – zum Beispiel gesundheitliche Probleme des Kindes oder Schwierigkeiten in der Schule. Das muss im Einzelfall allerdings gut begründet werden.
Gut zu wissen: Auch Elternteile von nichtehelichen Kindern haben Anspruch auf Betreuungsunterhalt.
Wenn Sie wegen Krankheit oder Alter keine Erwerbstätigkeit mehr aufnehmen beziehungsweise finden können, dürfen Sie von Ihrer Ex-Partnerin bzw. Ihrem Ex-Partner Unterhalt verlangen. Bei Krankheiten müssen ärztliche Atteste vorgelegt werden. Für den altersbedingten Unterhalt gibt es keine fixe Altersgrenze. Sie können sich hier aber an der Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rente orientieren.
Sie können von Ihrem Ex-Partner auch dann Unterhalt verlangen, wenn Sie nach der Scheidung keine angemessene Stelle mehr finden. Dieser Anspruch gilt allerdings nur, wenn Sie weder Betreuungsunterhalt noch Unterhalt wegen Alter oder Krankheit fordern können. Auch müssen Sie nachweisen, dass Sie eine ernsthafte Stellensuche betrieben haben (zum Beispiel durch abgeschickte Bewerbungsschreiben). Eine bloße Meldung bei der Arbeitsagentur reicht nicht aus.
Wenn Sie wegen der Ehe eine Ausbildung abgebrochen beziehungsweise gar nicht erst aufgenommen haben, können Sie bis zum Abschluss einer neuen Ausbildung Unterhalt verlangen. Die Ausbildung sollte dabei so bald wie möglich nach der Scheidung aufgenommen werden und zudem eine Aussicht auf einen Job eröffnen, der Ihren Unterhalt langfristig sichert.
Wenn Ihr:e Ex-Partner:in ein deutlich höheres Einkommen hatte als Sie, kann nach der Scheidung Aufstockungsunterhalt fällig werden. Voraussetzung dafür ist, dass Ihre Einkünfte nicht ausreichen, um den gemeinsam erarbeiteten Lebensstandard zu halten.
Wenn keiner der genannten Unterhaltsgründe zum Tragen kommt, gibt es noch die Möglichkeit, aus Billigkeitsgründen Unterhalt zu bekommen. Dieser Anspruch ergibt sich, wenn von Ihnen aus schwerwiegenden Gründen nicht verlangt werden kann, dass Sie arbeiten gehen – zum Beispiel wegen einer Erkrankung oder Behinderung nach der Scheidung.
Wie viel Kindesunterhalt müssen Unterhaltspflichtige mindestens zahlen?
Laut Düsseldorfer Tabelle müssen Unterhaltspflichtige zudem für jedes unverheiratete Kind unter 21 Jahren einen bestimmten Mindestbetrag zahlen. Voraussetzung: Das Kind lebt noch zuhause und befindet sich in der allgemeinen Schulausbildung.
Wichtig: Anspruch auf den Kindesunterhalt hat das Kind, nicht das Elternteil, das die Betreuung des Kindes nach der Scheidung übernimmt. In der Regel vertritt aber das Elternteil den Nachwuchs bei der Durchsetzung des Anspruchs auf Kinderunterhalt.
Auch hierbei gilt: Je höher das Einkommen des Unterhaltspflichtigen ist, desto höher fällt der zu zahlende Mindestbetrag aus. Bei einem monatlichen Nettoeinkommen unter 1.900 Euro fallen folgende Beträge an:
- bis 5 Jahre: mindestens 393 Euro monatlich
- 6 bis 11 Jahre: mindestens 451 Euro monatlich
- 12 bis 17 Jahre: mindestens 528 Euro monatlich
- ab 18 Jahre: mindestens 564 Euro monatlich
Mein:e Ex-Partner:in zahlt keinen Unterhalt: Soll ich sofort klagen?
Grundsätzlich gilt: Eine Klage vor Gericht ist immer mit hohen Kosten verbunden. Sie sollten eine Klage nur als letzte Option in Erwägung ziehen. Wir empfehlen, Ihre:n Ex-Partner:in zunächst durch eine schriftliche Aufforderung an seine/ihre Unterhaltspflicht zu erinnern.
„Aus der schriftlichen Aufforderung sollte in jedem Fall hervorgehen, dass Sie Unterhalt fordern und Auskunft über die Einkommensverhältnisse des Ex-Partners wünschen. So können Sie Ihre Ansprüche ab dem Datum des Schreibens auch rückwirkend geltend machen. Außerdem sollten Sie die Aufforderung am besten per Einschreiben verschicken, um sie später besser belegen zu können.“
Klaus-Dieter Jungk, Rechtsanwalt aus Wildeck
Bei Kindesunterhalt: Unterhaltstitel beantragen?
Sie können sich Ihren Anspruch auf Kindesunterhalt auch amtlich dokumentieren lassen. Dafür wenden Sie sich an das Jugendamt. Dort wird ein sogenannter Unterhaltstitel, auch Jugendamtsurkunde genannt, festgelegt, der genau bestimmt, welcher Elternteil wie viel an den anderen zu zahlen hat. Der Vorteil davon ist, dass sofort ein:e Gerichtsvollzieher:in eingeschaltet werden kann, falls die bzw. der Unterhaltspflichtige sich weigert, Kindesunterhalt zu zahlen.
Gibt es auch auf diesem Weg keine Einigung, bleibt noch die Option, ein einfaches Verfahren zu beantragen. Im einfachen Verfahren legt ein:e Rechtspfleger:in die Höhe des Kindesunterhalts fest, wodurch weniger Kosten entstehen als vor Gericht. Antragsformulare erhalten Sie beim Jugendamt oder beim Amtsgericht.
Unterhaltsvorschuss vom Staat: Wie viel bekommen meine Kinder?
Wenn die bzw. der Unterhaltspflichtige zu wenig verdient oder sich anderweitig aus der Affäre gezogen hat, gibt es noch die Möglichkeit, Unterhaltsvorschuss vom Staat zu erhalten. Anspruch auf den staatlichen Unterhaltsvorschuss haben die Kinder, die mit dem alleinerziehenden Elternteil zusammenwohnen und keine regelmäßigen Unterhaltszahlungen oder Waisenbezüge erhalten.
Wenn das Kind das 12. Lebensjahr erreicht, müssen Eltern zudem nachweisen können, dass sie mindestens 600 Euro im Monat verdienen und dass das Kind selbst kein Arbeitslosengeld II bezieht. Mit der Volljährigkeit des Kindes entfällt der Anspruch.
Den Antrag auf Unterhaltsvorschuss stellen Sie beim Jugendamt. Dafür benötigen Sie folgende Unterlagen:
- Kopie des Personalausweises
- Kopie der Geburtsurkunde des Kindes
- Scheidungsurteil oder Anwaltsschreiben (falls vorhanden)
- Gehaltsnachweise der letzten 12 Monate
- Unterhaltstitel im Original in der 1. vollstreckbaren Ausfertigung (Beschluss, Urkunde, Vergleich)
- Aufenthaltsbescheinigungen
- Vaterschaftsanerkennung